Perispasmos-C1: Von der Mode
Von Luga Hunger:
Auch sollte Eins sich von Tag zu Tag in Sachen Bekleidung mit großem Bewusstsein bewegen und sich etwa fragen, welcher Nutzen erfüllt werden soll. Zum sozialen bzw. psychischen Nutzen der Bekleidung dient recht gut vorschlagsweise diese Übersicht:
Hier hat sich einer unserer Perispasmos-Denker die Mühe gemacht, ein System aufgestellt. Wer das tut, eröffnet die Möglichkeit, kritisiert zu werden, bietet aber zugleich eine Diskussionsgrundlage, auf welcher Fortschritt überhaupt erst möglich ist.
Zur Erklärung dieser Darstellung: Es werden nach Erfüllung von klassierten Modeanforderungen Punkte vergeben, die rein ordinalskaliert sind: also ist damit nicht eine Relation mess- oder kalkulierbar; wohl aber sind damit nicht bloß Kategorien benannt, sondern auch geordnet. Es existiert bei diesem Vorschlag also auch der Anspruch, dass objektiv gesagt werden kann, dass das 15-Punkte-Beispiel besser im Sinne des sozialen bzw. psychischen Nutzens ist als das Beispiel für 1 Punkt oder für 12 Punkte. Die Nacktheit (Kleidung = 0 Punkte/False) wird in dieser Darstellung nicht explizit behandelt, da es sich dabei wenigstens nicht im engeren Sinne um Mode und natürlich sowieso nicht um Bekleidung handelt – zumindest im Kontext des gesellschaftlichen Miteinanders, wo die Nacktheit in der Regel als eine nicht gewünschte exhibitionistische Störung des Zusammenlebens gesehen wird.
Die Feinheiten dieser Darstellung sind es freilich, welche Kritik am einfachsten ermöglichen: Es wurden ganz explizit subjektive Elemente eingebaut, da sich nach der Konfrontation erster Modelle bzw. Versuche mit der Empirie herausgestellt hat, dass der Anspruch einer wirklich objektiven Skala, auch nur in der Dimension des psychischen oder sozialen Nutzens, wenigstens von diesem Autor nicht zu erfüllen war. Daher finden sich Elemente in diesen exemplarischen Mode-Darstellungen, welche womöglich schwierig wirken könnten und vielleicht austauschbar sind.
Welche Skalen sind noch angedacht oder impliziert mit dieser Skala der ersten Dimension? Wonach bemisst sich also, welche Bekleidungsstücke zu wählen sind? Der zentrale Ansatz perispasmostischen Handlungsempfehlungen ist die Bewusstmachung des erwarteten Nutzens. Jede Zweck-Überlegung sollte einem Nutzen zugeordnet werden können. Diese Skala der ersten Dimension betrifft nicht jenen Nutzen, welcher am häufigsten gepriesen wird, nämlich den stofflich-technischen Nutzen, der da bei Bekleidung möglicherweise auch schon durch einen Sack mit Hals- und Armausschnitt abgedeckt wäre, also vielleicht der Schutz vor der Kälte (eine Art Systemgrenze zu etablieren), um nicht zu erfrieren, oder eventuell ein Schutz vor Nässe oder Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffen eines schwierigen Arbeitsplatzes (vielleicht Öle oder Farben). Dabei wäre auch zu bedenken, dass Kleidung bestenfalls weder kaputt noch dreckig sein sollte. Dies wäre wieder zu bedenken im Kapitel über die Entropie als dem zentralen Grund für das menschliche Leiden. Doch gibt es noch andere Dimensionen der Mode, die zum psychischen oder sozialen Nutzen gehören: Andere Kulturen/Zeiten – andere Mode. Es kann grundsätzliche Änderungen der Bekleidungsgewohnheiten geben. Gewänder können zum Statussymbol werden.
Was steckt hinter der ersten Modedimension? Es ist der Gedanke, dass in unserem kulturellen Kontext mit aufsteigendem Status (beispielsweise von den Unteren zu den Oberen) der Anspruch an die Art der Kleidung steigt. Es werden andere Bekleidungsstücke erwartet. Und jeder Aufstieg in dieser Skala in Punkten repräsentiert ein Abfall der Wahrscheinlichkeit oder der Entropie. Der Grundgedanke ist nämlich, dass Mode auch als ein Wohlstands- oder Entropie- bzw. Negentropieindikator dient. In „höheren“ Kreisen braucht es mehr als bloß einen Pullover. Es werden noch Krägen erwartet. Oder noch Knöpfe. Und noch Krawatten. Die Einfachheit schwindet. Der Aufwand wächst. Dann gilt: Wer kann, der kann – und der (Mensch) gehört dazu.
Was noch zu sagen ist zu dieser Skala: Bei jedem Beispiel wurde Harmonie impliziert, sowohl farblich als auch stilistisch. Dies ist natürlich ein Wert an sich, der getrennt genauer zu betrachten ist. Diverse Farben zufällig zu kombinieren ist zwar rational, wenn es nur auf den stofflich-technischen Nutzen ankommt, jedoch nicht, wenn ein sozialer oder kultureller Kontext hinzugedacht wird. Meist sind die Mitmenschen in ihren Gewohnheiten und Konventionen verhaftet und können nicht anders als mehr als die Erfüllung eines stofflich-technischen Nutzens zu erwarten, auch wenn es sie nichts anzugehen hätte. Des weiteren wurden Schuhe, Schmuck oder Uhren vollkommen ausgeblendet. Doch erübrigt sich nun eine klare Stellungnahme dazu.