Perispasmos-C1: Soziale Kontakte – Einführung

Von Luga Hunger:

Die folgenden Unterabschnitte werden Zweck und Art des Umgangs mit Mitmenschleins behandeln. Es wird im Kern darum gehen, welche Einschränkungen andere Wesen im eigenen Leben bedeuten, welchen Nutzen andere Menschleins haben und wie Eines rational mit Beziehungen sich im Umgang übt.

„Du wirst für uns beide zuträglich finden, daß ich dann unser gegenseitiges Verhältniß so einzurichten strebe, daß unserer beider Freiheit kein Abbruch geschieht und ich in der zwanglosen, friedlichen, unabhängigen Ruhe bleibe, die mich jetzt erst recht eigentlich des Lebens froh werden läßt. Also, lieber Arthur, wenn du hier wohnst, treibst du dein Wesen für dich, als wäre ich nicht da, nur daß du alle Mittage von 1 Uhr bis etwa gegen 3 Uhr bei mir zu Tische kommst. Den Abend bringt jedes[1] von uns zu, wie es will, außer meine beiden Gesellschaftsabende, an welchen du mit den Uebrigen natürlicherweise zu mir kommst und wenn du willst, auch bej mir zu Abend issest; die andern Abende speisest du zu Hause, auch deinen Thee trinkst du zu Hause - - So, lieber Arthur, glaube ich, ist’s nothwendig für uns beide: auf diese Weise bleiben wir so ziemlich in unsern jetzigen Verhältnissen.“[2]

Neues lässt sich paradoxerweise durch Bindungen an Altem am besten rechtfertigen. So ist die Erkenntnis, dass früher das Neutrum jedenfalls zu einem gewissen Grad auch verwendet wurde, für Menschen hilfreich, um die sprachliche Neuerung der Ata-Jahre zu akzeptieren. Doch ist die eigentliche Erkenntnis dieses Zitats aus dem 19. Jahrhundert (AZ), wie es sich mit Freiheit und Mitmenschen verhält: Menschen rauben Freiheit.

Idealerweise benötigt ein Menschlein keine weiteren um sich herum:

„Denn je mehr Einer an sich selber hat, desto weniger bedarf er von außen und desto weniger können auch die Uebrigen ihm seyn. Darum führt die Eminenz des Geistes zur Ungeselligkeit. Ja, wenn die Qualität der Gesellschaft sich durch die Quantität ersetzen ließe, da wäre es der Mühe werth, sogar in der großen Welt zu leben: aber leider geben hundert Narren, auf Einem Haufen, noch keinen gescheuten Mann.“ (WII, Kap. 46, 668)

Wie Stachelschweine allerdings trotz ihrer Stachel einander suchen, um sich warm zu halten, müssen leider auch wir Menschleins in gewisser Nähe zueinander sein, weil wir auf Ressourcen angewiesen sind, die wir in Gemeinschaft besser bereitstellen können als alleine, und getrennt voneinander.

An den Freiländern in der geschützten und wilden Natur zwischen Europas Städten sieht Eines, dass trotz eines fehlenden staatlichen Rechtssystems, sich Gruppen von Menschleins zusammenfinden, sei es zum Schutz vor anderen Gruppen, vor wilden Tieren, zur Jagd oder bloß, um Gesellschaft zu haben.

Der Abschnitt der Minderung individuellen Leids der Perispasmos-Darlegung (C1) will dem Einzelmenschlein zweierlei mehr als alles andere an die Hand geben: Rationalität und Struktur. Dies wird in den folgenden Unterabschnitten zum Verhältnis zu den Mitmenschlein die entscheidende Rolle spielen.

Es werden folgende Fragen mitgegeben: Warum habe ich Kontakt zu diesem Menschlein? Welche Gefühle habe ich zu diesem Wesen (in Erwartung des Kontakts/im Kontakt/nach Abschied)? Welche Art von Kontakt habe ich zu diesem Wesen? Welchen Nutzen habe ich vom Kontakt? Wie wird der Kontakt vom Mitmenschlein betrachtet? Welche Konsequenzen hätte der Abbruch des Kontakts für mich?


[1] Auch hier darf hingewiesen werden auf eine gewisse sprachliche Tradition, die mit Nytakas Neutrum-Reform aufgegriffen wurde. Mensch bedenke: „One should be ready to revise one’s attitudes.“

[2] Johanna Schopenhauer an Arthur Schopenhauer 1807, In: Gebhardt 1929, 142 f.