Perispasmos-A1: Evolution der Pliri

Von Luga Hunger:

Nicht wenige Perispasmostiker sind mit dem Wort Pliri ebenso wenig vertraut wie mit dem Wort Pliro. Den meisten neuzeitlichen Europäern außerhalb dieser Denkrichtung, an die dieses Buch auch gerichtet ist, geht es nicht anders. Daher beginnt dieses Unterkapitel bei null. Zunächst also ist mit dem Zeichen (Begriff) Pliri der Plural von einem Pliro gemeint. Woher dieser Begriff genau stammt, ist nicht bekannt. Jedoch ist er in Kreisen der Vordenker des Perispasmos erstmals aufgetaucht.

Mit einem Pliro wird die kleinstmögliche Einheit von Informationen bezeichnet. Es handelt sich um eine atomare, also unteilbare Einheit von Informationen. Dabei ist es gleich, woraus sie besteht, bzw. wie sie codiert ist. Wie in den vorigen Abschnitten erwähnt, können Informationen unter anderem biologisch (Gen) oder kulturell (Mem) codiert sein.

Gene sind Informationen, ebenso wie größere Komplexe von biologischer Materie. Man kann in Größen von Organellen, Zellen, Zellgewebe, Organen oder Organismen denken – oder in ganz anderen Einheiten. Jedoch sind Menschen, Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien biologisch codiert, ihre entscheidenden Informationen befinden sich in Genen bzw. als Gene in ihnen. Diese Gene überleben, wenn das sie Tragende überlebt. Eine Art Unsterblichkeit gelangen sie dadurch, dass Fortpflanzung (Reproduktion) stattfindet, da dadurch Kopien ihrer selbst in die nächste Generation gelangen können. Von einem einzigen Träger ist die biologisch codierte Information nicht abhängig. Die Informationen biologischer Art können also lange auf diesem Planeten überleben.

Meme sind Informationen, die kulturell bestehen. Wenn Meme zusammen auftreten, nennt mensch das Memplex. Meme überleben ebenfalls, wenn sie reproduziert werden. Meme müssen übertragen werden. Sie können in Bücher, auf Steintafeln oder in Köpfe reproduziert werden (neben vielen anderen Möglichkeiten). Dass sie, wie auch Gene unbedingt reproduziert werden müssen, um zu überleben, wird im nächsten Kapitel klarwerden, falls es noch nicht klar ist. Auch müssen Meme in gewisser Weise immer wieder aufgerufen werden, beispielsweise Erinnerungen, da man sie sonst vergisst. Erinnerungen werden im Kopf nur solange gespeichert und aufrufbar gehalten, solange sie von Bedeutung sind. Emotionale Ereignisse erscheinen bedeutend, aber auch Bewegungen, Abläufe oder Gedanken, die häufig bewusstgemacht werden oder gebraucht werden. Dadurch werden die Nervenstrukturen reproduziert (im Sinne von aufrechterhalten).

Seit etwa 17 Jahren (NZ) findet mensch den Begriff Mem (oder Meme(s) der englischsprachigen Herkunft nach) im Internet-Kontext verwendet. Dabei geht es zwar tatsächlich um Meme, jedoch wird durch diese hauptsächliche Nutzung der Begriff auf Bilder reduziert und nicht auf die Kultureinheit.

Von welchen Arten von Codierung darf oder sollte bei Informationen noch gesprochen werden? Es ist nicht zu leugnen, dass die Ähnlichkeiten, die es zwischen Memen und Genen gibt, noch auf andere Arten übertragbar sind. Es gibt Informationen, die digital codiert sind, und die nach gleichen Mustern überleben wie Meme oder Gene. Sie müssen ebenso reproduziert werden. Wenn mensch ein Stück ausführbaren Code auf der Festplatte hat, ein Programm, dann wird dieses solange existieren, solange irgendwer dafür Verwendung hat. Es wird reproduziert, kopiert, wenn der Bedarf nach dem Nutzen dieses Programms größer ist. Bei memetischen Algorithmen, beispielsweise dem Wissen nach der Bedienung von Maschinen (z.B. der Kaffeemaschine), ist dies natürlich nicht anders. Menschen erklären einander die Bedienung von Maschinen, wenn es sinnvoll, nötig oder praktisch ist. So verbreiten sich Meme, aber auch Bits. Es könnte eingewendet werden, dass bei Memen nicht oft auf einen Nutzen ankommt. Nutzen wird im Kapitel der Leidminderung von Einzelmenschleins (C1) noch genauer definiert und betrachtet. Doch so viel vorweg: Es muss von verschiedenen Nutzen gesprochen werden. Wenn der Austausch von Gedanken (Memen) nicht nützlich erscheint, weil es sich um vermeintlich Witziges anstatt um wirklich Wissenswertes handelt, so kann mensch auch von einem sozialen Nutzen sprechen.

Einwenden kann man bei der Rede von digital codierten Informationen auch, dass es sich bloß um Meme handelt. Sicher, darauf wird noch eingegangen. Natürlich ist ein Algorithmus, den mensch im Kopf, auf Papier oder im Computer haben kann, ein Mem. Doch ist es sinnvoll, von digitaler Codierung zu reden, wenn evolutionäre Prozesse bei dieser Art von Codierung selbstständig greifen, z.B. bei Computer-Viren, welche auch Meme enthalten bzw. sind, aber sich ohne das Bewusstsein oder Zutun von Menschen verbreiten.

Der Unterschied zwischen Memen und Bits mag erscheinen wie der Unterschied zwischen einem Quellcode in C und dem Maschinencode. Wo ist der Unterschied zwischen diesen beiden Typen von Information, kann mensch fragen. Oder wo ist der grundsätzliche Unterschied zwischen optisch gespeicherten Daten auf einer altzeitlichen Compact Disk, bei der auf einer Kunststoffscheibe in einer reflektierenden Aluminiumschicht eine Spirale eingebrannt ist, welche wiederum die Werte 0 und 1 durch 120 nm tiefe Löcher und Nichtlöcher enthält[1], und magnetisch gespeicherten Informationen, die man bei alten HDD-Festplatten auf Magnetschichten von Scheiben speichern konnte. Ebenso kann gefragt werden, wie grundsätzlich der Unterschied zwischen Bitmap-Grafiken und Vektorgrafiken ist. Pixelbilder, welche Punkt für Punkt eine Farbe speichern, und Vektorgrafiken, in denen Strecken, Kurven, Polygone, Rechtecke, Ellipsen und Schriften mit Stilen und Farben gespeichert sind, können aus memetischer Sicht beide jeweils den simplen Gedanken an einen Pinguin, beispielsweise Tux, gespeichert haben und sich entsprechend nicht unterscheiden. Und doch sind sie evolutionär stark unterscheidbar. Evolution bedeutet kleinstmögliche Veränderungen ohne Ziel und dabei das Bestehen des Fitten/Angepasstesten. Was macht eine kleine Änderung an einer Bitmap-Grafik? Ein Pixel ändert die Farbe leicht im Rot-, Grün- oder Blau-Anteil. Bei einer Vektorgrafik ändert sich womöglich ein Farbwert oder es verschiebt sich ein Vektor. Beide marginalen Änderungen müssen nicht auffällig sein, doch kumuliert man jeweils die kleinen, vielen Änderungen, die sich in Generationen (Schritten) ergeben können, so sind die Pfade beider Linien, beider Arten von Grafiken, stark voneinander unterschieden. Es erscheint nach einigen Generationen unmöglich, dass die Informationen, auch aus memetischer Sicht, einmal als deckungsgleich, ähnlich oder gar identisch angesehen wurden. Sie wirkten beide einmal gleich, doch waren sie nie identisch.

Der Bauplan eines Gebäudes kann auch in einem Kopf vorhanden sein, oder auf Papier oder natürlich auch digital. Dies alles sind unterschiedliche Träger von Informationen, aber durch die Struktur der Träger, welche die Information erst konstituieren, handelt es sich um grundsätzlich verschiedene Arten von Codierung, was an ihren evolutionären Möglichkeiten sichtbar ist.

Über das Gesagte hinaus sind nun nicht nur Meme und Gene oder Bits (als logische und digitale Einheiten) als Pliri zu bezeichnen, sondern auch kleinstmögliche Einheiten von Materie, die notwendig eine raumzeitliche Position haben. Für die Überlegungen in dieser Darstellung ist es dabei unerheblich, ob man von den altertümlichen unteilbaren Atomen der altzeitlichen Physik spricht, oder von Elementarteilchen. Bedeutend ist für diese Darlegung allein der Gedanke, dass einem Materieteilchen eine raumzeitliche Position zukommt.[2]

Der letzte Gedanke mag nicht intuitiv sein: Zeitlich relativ stabile Zustände bzw. Informationen gibt es nicht nur in der Biologie, sondern auch in der Astronomie. Das Zusammenspiel zwischen Massen im Weltall sorgt für eine begrenzte Zeit dafür, dass die relative Position der Erde zur Sonne stabil ist. Altjahr für Altjahr reproduziert sich das Verhältnis mittels Gravitation, dieser vermeintlich schwachen Kraft, die über immense Distanzen wirken kann.

Zentral bei einem Pliro ist nun, dass es sich um eine Information handelt. Diese kann also ein Gen, ein Mem oder eine ganz andere Art von Information sein. Diese Information unterliegt zwei Prozessen: der Evolution und der im nächsten Kapitel stark abweichend zur altzeitlichen Denke dargestellten Entropie. Informationen bestehen oder sie bestehen nicht. Sie können chemisch, digital, biologisch, kulturell oder physisch existieren oder[3] beschrieben werden.

Wenn nun behauptet wird, dass die Codierung der Welt physisch ist und alles darauf reduziert wird, mag mensch einwenden, dass man mit rein physischen Gesetzen weder die Biologen noch die Sozialwissenschaftler oder sonst irgendwer arbeiten kann, außer den Physikern. Würde mensch alles als Materie, als Physik definieren, so wäre das sehr voraussetzungsreich. Es ist nicht einmal belegbar, dass es überhaupt Materie gibt. Es scheint so, doch die Welt an sich ist nicht zugänglich; unsere Mittel und Werkzeuge sind von dieser Welt. Dass die Welt zunächst als nicht mehr betrachtet werden kann als eine Vorstellung soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Hier wird auf die ersten Seiten von Schopenhauers Hauptwerk (WI, 31 ff.) verwiesen, sowie auf Kant. Klar ist jedoch unmittelbar, dass es voraussetzungsreicher ist, zu behaupten, es gäbe Materie, und alles sei Materie. Spricht mensch dagegen von Pliri, einer noch nicht näher definierten Entität, welche aus allen denkbaren Arten von Dingen ihre beiden Grundprinzipien abstrahiert, und ihr den Namen des Pliro gibt, so hat man nicht mehr behauptet, als nötig. Rasiermesserscharf bleibt, was beständig ist.

Nun der große Schritt, welcher den Nutzen des Pliro-Konzepts ermöglicht: Bei vielen Phänomenen ist es sinnvoll, von einem Komplex von Informationen zu reden. Ein Komplex von Pliri nennen wir Pliroplex. Pliroplexe müssen nicht rein im Sinne der Art der Informationen sein. Es kann sich zwar auch um mehrere Elementarteilchen, die zusammen auftreten bzw. eine stabile Entität bilden, handeln, um ein stabiles Molekül, um Gene, die eher zusammen vererbt werden, oder auch um Ideen/Gedanken, die zusammengehören oder zusammen eher sich reproduzieren (z.B. Demokratie und Menschenrechte (das ist an sich schon ein Memplex, also auch ein Pliroplex)), aber es gibt eben auch gemischte: Spricht mensch als Mensch von der eigenen Uhr, mit einem Blick auf diese, und verwendet das Wort Uhr, so ist mit diesem ausgesprochenen Gedanken, diesem Mem, auch die materielle Komponente verbunden, die außerhalb des Geistes dieses menschlichen Subjekts existieren mag. Das Menschlein, das davon spricht, dass es eine Uhr wahrnimmt, bezieht sich auf ein als materiell wahrgenommenes Ding und hat zugleich ein Mem im Sinn. Es handelt sich in diesem Moment um ein Komplex an Informationen, um einen Komplex an Pliri. Diese Pliri sind in diesem Beispiel Atome und Meme.

Ein gemischtes Pliroplex kann auch ein Bauplan sein, der, insbesondere wenn er noch in der Entwicklung ist, sich synchron in allen Codierungsgattungen bewegt: In der Entwicklung eines Bauplans (für Schaltungen oder Gebäude, …) kann es vorkommen, dass dies nicht nur als CAD[4], also digital, sondern auch auf Papier vorliegt, weil zu Demonstrationszwecken für manche Menschen Papier das angenehmere Medium ist (wie auch manche Menschen Emails ausdrucken). Zugleich existiert ein Bauplan, besonders in der Entwiclungsphase, hoffentlich auch in wenigstens einem Kopf. Hier mag mensch gerne dies als eine biologische Codierung bezeichnen, aber im Sinne der Art der evolutionären Möglichkeiten dieser Informationen muss diese Art von Information als Mem bezeichnet werden. Der Bauplan liegt also digital, memetisch und materiell[5] vor. Sobald er planmäßig verwirklicht wurde, existiert der Bauplan noch in einer zusätzlichen Form, aus Baumaterialien. Ein Haus ist, sobald ein Menschwesen es betrachtet, in esses Kopf als Vorstellung im Sinne Schopenhauers vorhanden, also auch memetisch.

Kurz: Ein Pliro ist eine Information. Pliri sind mehrere Informationen. Ein Komplex von Informationen, der praktisch als Einheit wirkt oder zu betrachten ist, ist Pliroplex zu nennen. Auf obige Ausführungen zur Begründung dieser Sichtweise wird nun grundsätzlich verwiesen, doch sei noch einmal daran erinnert, dass das die Wirkung evolutionärer Prozesse sichtbar macht, welche Einheiten als Komplexe zu betrachten sind. Beispielsweise wirken evolutionäre Prozesse auf Staaten, also sind diese auch Pliroplexe. Sie sind Einheiten aus Ideen (Staatsrechtliche, politikwissenschaftliche und philosophische) und Menschen, die sich staatlichen Strukturen angepasst haben und sie in ihrem Denken, Handeln und Verhalten verinnerlicht haben – und sie auch mit jedem Atemzug reproduzieren. Dies findet nicht nur beim Wählen statt; dieser Akt an sich ist zwar eine mustergültige Einverständniserklärung mit dem politischen System, aber nicht die einzige.

Als Pliroplexe sind Bienentänze, Herrschaftssysteme, Moleküle, Basenpaare, Bücher und vieles mehr zu bezeichnen. Auch in der Wirtschaft finden sich evolutionäre Prozesse, die stets Pliroplexe zutage fördern und auch begraben. Immer wieder spielen sich Produktionszyklen ab: Die Industrieunternehmen, welche an sich schon sich im evolutionären Wettbewerb bewähren müssen, und dieser starken und nützlichen Effekte des Wettbewerbs (=Evolution) bedienen, um einen Markt als ihr Produkt anzubieten (z.B. einen App-Store, ein eigenes Ökosystem, das nur ihr eigenes Produkt bereichert), versuchen immer wieder, neue Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Diese Produkte scheitern mit einer gewaltigen Wahrscheinlichkeit. Scheitert ein Produkt nicht, wird versucht, es reifen zu lassen, es weiter zu entwickeln, und irgendwann kann es günstig angeboten werden und es braucht nicht mehr weiterentwickelt zu werden. Dann ist es eine Cash-Cow. Der Niedergang eines Produkts kommt dennoch auch gewiss. Jedes Produkt ist nun ein Pliroplex, wie auch jedes Unternehmen eines ist. Über allen Produkten und über allen Unternehmen schwebt das Ungeheuer, welches alle Informationen, alle Entitäten, alle Pliri und alle Pliroplexe bedroht – es ist das Monster, dem das nachfolgende Kapitel in aller Ausführlichkeit gewidmet ist. Sie alle unterliegen auch der Evolution, jenen magischen Kräften, die scheinbar vom Willen der ewigen Verbesserung beseelt sind, aber in Wirklichkeit weder Wille noch Fortschritt kennt. Die Evolution bleibt ein willenloser und blinder Prozess, der im Kampf um Ressourcen denjenigen das das Bestehen erlaubt, welche Vorteile in Sachen Abwehr, Angriff oder Anpassung an die Umwelt haben.

Wie sieht der Angriff von Pliri aus? Bei memetischen Pliri beginnend, muss mensch doch den Vergleich zu biologischen wagen. Es kann zur Verdeutlichung von Viren gesprochen werden. Einige Meme springen von einem zum nächsten Menschlein, wie es in der medizinisch und pharmakologisch rückständigen Altzeit mit Krankheitserregern zu erleiden war. Kam der Winter – der spielte nicht nur eine kulturelle Rolle, sondern auch phyisch! – so wusste ein Jedes: Die Grippe-Saison[6] hatte begonnen. Einige Meme springen gleichermaßen von Kopf zu Kopf und befallen alles, was sie ihnen darbietet. Wie allerdings auch bei Grippe-Viren gab und gibt es Unterschiede in der Konstitution des Trägers. In der Altzeit musste man sich möglichst gesund, also gemüselastig, ernähren, wenn körperliche Schäden (saisonale Krankheiten oder im Alter Zivilisationskrankheiten) nicht erlitten werden sollten, da die Pharmazie und Medizin noch nicht die Standards boten, die die heutige, neuzeitliche Ausgleichsmedizin bieten. In diesem Sinne waren also alle Altzeitmenschen gesundheitlich denselben Zwängen unterworfen, denen auch Untermenschleins heute unterliegen. Wenn ein 30-Meter-Menschwesen die medizinische Grundversorgung ablehnt und sich Vorsorge-Maßnahmen verweigert, kann es durch die gesunde Ernährung, zu der es ökonomisch beinahe gezwungen ist, einen effektiven Schutz gegen früher stärker verbreitete Erreger aufbauen. Eine oberweltliche Ernährung, die mit der fast schon als dekadent zu bezeichnenden Ernährung den Körper eher schwächen, fordert dagegen geradezu auch die fortschrittliche Gesundheitsversorgung bzw. exklusive Leistungen. Ebenso half und hilft sportliche Betätigung in Maßen. „Die Mittel [für die Gesundheit] […] sind bekanntlich Vermeidung aller Excesse und Ausschweifungen, aller heftigen und unangenehmen Gemüthsbewegungen, auch aller zu großen oder zu anhaltenden Geistesanstrengung, täglich wenigstens zwei Stunden rascher Bewegung in freier Lust, viel kaltes Baden und ähnliche diätetische Maaßregeln.“ (PI, 324). Ist der Körper fit, so wird er seltener zum Träger dieser für ihn schädlichen, biologischen Informationen, dieser Viren. Auch nistet sich in einem blanken Kopfe eines schlichten Gemüts, also in einem leeren Kopf, wo keine Möglichkeit zur kritischen Reflektion besteht, leicht jeder Unfug ein. Ein gesunder Kopf besitzt eine Grundausstattung, die sich in der Kindheit angeeignet oder mühsam in späteren Jahren zugelegt wurde. Sie hilft, neue Meme zu prüfen, darauf Bereicherndes einzuladen und grob Unsinniges abzugeben.

Im Angriff, also in der Reproduktion sind auch Pliri, welche weder kulturell noch biologisch codiert sind, zu betrachten. Die Jagd nach Trägern und einer Ordnung, einer Formation von Informationen (In-Formationen, nach Schmidt-Salomon) bestimmt das Dasein von allen Pliri. Offensichtlich ist dies natürlich nicht bei allen Kategorien von Pliri. Bei Materie erscheint es merkwürdig, dagegen ist es bei Digitalem widerum einfacher nachzuvollziehen – jedenfalls bei den klassischen Computerviren. Andere Arten von Software verbreiten sich allerdings auch. Sie besitzen auch Mechanismen, um es sich auf Trägern einzurichten: Installationsroutinen. Jedoch muss eingeräumt werden, dass ihre Verbreitung eher memetisch erklärbar ist. Seit der Digitalisierung konnte mensch sehen, wie sich Meme verbreiten, wenn man die digital codiert.

Wie sieht die Abwehr von Pliri aus? Was besteht, will beständig bleiben. Im Kern ist dies Thema des nächsten Kapitels, doch darf hier vorweggegriffen werden, dass sich Digitales, wie auch Memetisches oder Biologisches gerne tief im Träger verankert, tief in den Strukturen – und dadurch länger besteht. Auch hier muss erinnert werden, dass Pliri teils den Träger konstituieren.

Wie sieht die Anpassung an die Umwelt bei Pliri aus? Bei Memen ist schon erwähnt worden, dass beispielsweise in einem demokratischen System durch die kulturelle Verwandtschaft auch Meme, die grundsätzliche Menschenrechte proklamieren, gut gedeihen. In einer mittelalterlichen oder kirchlich geprägten Welt können Menschenrechte dagegen wie eine Verhöhnung Gottes aufgenommen werden. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die Geodeterministen im 20. AZ-Jahrhundert offener für nationalsozialistisches Gedankengut waren, da die Vorstellung von einer Kopplung zwischen Boden und Bevölkerung mit der Vorstellung von einer Rassenreinheit harmoniert. Besonders bei diesen Fällen zeigt sich auch, dass ein Paradigmenwechsel am erfolgreichsten stattfindet, wenn ein Generationenwechsel erfolgt.

Zu den Memen gehören nicht nur die Gedanken oder Konzepte, sondern auch Wörter mit ihren Definitionen oder Assoziationen. Auch hier gilt: Ein Mem braucht bzw. hat (wenn es besteht) eine passende Umgebung. Soziologen und Philosophen haben beispielsweise für sich strengere Definitionen für Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Selbstbild[7] und Selbstbewusstsein in Gebrauch als dies üblicherweise bei Fachfremden der Fall ist. Für dieses Buch wird davon ausgegangen, dass Tiere ein Bewusstsein haben, also nicht bloß Maschinen sind, wie Descartes meinte und nicht mehr als Reflexe haben, sondern wirklich ein Leid kennen. Menschlichen Tieren wird in aller Regel dagegen noch ein Bewusstsein für sich selbst zugeschrieben, da sie sich selbst wahrnehmen können, darüber zu reflektieren in der Lage sind und (für) sich selbst Objekt und Subjekt sind. Dadurch kommt den Menschleins ein Selbstbewusstsein zu. Im laienhaften Gebrauch findet mensch dagegen den synonymen Gebrauch von Selbstbewusstsein und Selbstwert oder Selbstvertrauen. Hier wird davon ausgegangen, dass die vernünftigste Definition von Selbstbewusstsein nicht gleichermaßen das Wort Selbstwert beschreibt. Ein Mensch mit einem „großen Ego“, wie gerne gesagt wird, hat demnach eher ein bestimmtes Selbstwertgefühl bzw. ein entsprechendes Selbstbild.

Ähnliche begriffliche Unterscheidungen nehmen auch Psychologen vor, welche auch Kompetenzen, Fähigkeiten (ability) und Fertigkeiten (skill) unterscheiden, schärfer als es im allgemeinen Sprachgebrauch notwendig ist, wenngleich der Nutzen größer wäre. Soweit dies in dieser Arbeit von Bedeutung ist, und tatsächlich diese sprachliche Präzision zustande kommt, so wird darauf hingewiesen, dass hierzu die Annahme, Fertigkeiten seien im Gegensatz zu Fähigkeiten zu erwerben, besteht. Fähigkeiten seien demnach die Voraussetzungen für Fertigkeiten, welche beispielsweise das Spielen von Musikinstrumenten aber auch anderen Kulturwerkzeugen wie Lesen und Schreiben umfassen.

Ähnliche Probleme haben Menschleins mit der Physik: Physiker haben klarere Vorstellungen davon, was Arbeit und Leistung ist. Wie von Alltagsköpfen auch erwartet wird, dass sie Geschwindigkeiten und Distanzen unterscheiden können[8], so wissen Physiker und Ingenieure typischerweise, dass Arbeit dem Produkt aus Leistung und Zeit entspricht. Leistung ist demnach Arbeit pro[9] Zeit wie Geschwindigkeit Entfernung pro Zeit ist. Arbeit wird gerne ausgedrückt in Kilowattstunden (kWh), die Einheit ist natürlich ohne Einheitenpräfixe Wattsekunde oder Wattstunde. Leistung wird in Watt (W) dargestellt, je nach Größe findet Eines sicher eher den Ausdruck des Tausendfachen kilo, also Kilowatt. Auch nutzen sie das Wort Energie nicht so plump, wie wir Laien es allzu oft machen. Mit Arbeit lässt sich die Energie in einem System erhöhen, beispielsweise die Lage verändern, wie auch mit Wärme einem System Energie zugeführt werden kann. Weitere, dort unbedingtnotwendige Klärungen zum Thema Energie folgen im nächsten Kapitel.

Wie Physiker reden natürlich auch nicht von Grad Kelvin sprechen, wie es trotz der von Bildungsveranstaltungen begleiteten Umstellung bis 15.060 NZ[10] noch weit verbreitet ist, sondern von Kelvin, der rationalskalierten Einheit mit einem natürlichen, absoluten Nullpunkt, so unterscheiden Juristen klar, was für sie Eigentum und was Besitz ist. Im Milieu der Juristen, auf diesem Feld, überleben Meme dieser Unterscheidung von Eigentum und Besitz besser als außerhalb. Für Juristen handelt es sich bei Besitz um die tatsächliche Sachherrschaft.[11] Eins musste in der Lage sein, Gewalt über eine Sache auszuüben. Nur diese tatsächliche Gewalt macht ein Besitzendes aus. Eigentum ist dagegen – einfach gesagt – das Recht auf die tatsächliche Sachherrschaft – jedenfalls im Sinne der Juristen, welche im Übrigen in diesem Buch aus Überzeugung oftmals nicht als Rechtswissenschaftler bezeichnet werden. Wenn mensch Eigentümer eines Wohncontainers ist, dann ist es es möglich, ein anderes Menschlein, welches gegenwärtig dort haust (unter gewissen Umständen) polizeilich herausschmeißen zu lassen, wenn es keine besonderen rechtlichen Ansprüches dieses gibt. Ebenso darf ein Menschlein als Eigentümer eines Kleinods, welches sich vielleicht im Besitz eines anderen befindet, es zur Herausgabe auffordern – falls es zu diesen Umständen nicht gehört, dass beispielsweise ein Vertrag Nutzungsrechte (vorübergehend) übertragen hat. Solche Unterscheidungsmeme überleben außerhalb der Köpfe und Bücher dieses Milieus selbstverständlich nur schwerlich.

Und für Wirtschaftswissenschaftler, beispielsweise für eine Lehrperson im Bereich Mikroökonomie, obgleich die Makroökonomie der zuständige Bereich wäre, war es vielleicht schon belustigend oder aber nervend, zu hören, wie Politiker in der Altzeit über einen erfolgten Schuldenabbau sprachen, und dabei lediglich den Abbau der Neuverschuldung meinten, also über eine Ableitung einer Ableitung sprachen.[12] Im normalen Sprachgebrauch findet mensch oftmals Fachbegriffe, die bei einem Fachmenschen fachliche Assoziationen hervorrufen und dann sofort eine Definition ins Bewusstsein befördern, die vom Laien im normalen Sprachgebrauch aber keineswegs gemeint war – oder je angedacht hätte werden können – oder müssen.

Dies bemerken, insbesondere wohl auch bei Ableitungen, eben auch Mathematiker. Diese stören sich vielleicht daran, dass in der Kurvendiskussion für Stetigkeit gerne das Wort Kontinuität gewählt wird. Auch über Syntaxfehler können sie sich oft aufregen, ähnlich den Informatikern, welche es gewohnt sind, bei auch nur den kleinsten Syntaxfehlern mit einer Nulltoleranzpolitik von altzeitlichen Compilern abgestraft zu werden.

Natürlich gibt es auch für Geologen oder Geographen entsprechende Beispiele: Sie unterscheiden zwischen Verwitterung und Erosion, wie es wohl von jedes Naturwissenschaftles[13] zu erwarten ist, doch nicht von Laien. Der Begriff Erosion wird für Abtragung verwendet. Der bedeutendste Prozess ist die Abtragung durch Wasser (fluviale Erosion). Diese hängt vom Höhenunterschied der Gesteinsgrundlage, dessen Erodierbarkeit, von der vorhandenen Vegetation sowie der Menge und Geschwindigkeit des Wassers ab. Die glaziale Erosion ist der Prozess der Abtragung durch Gletscher. Auch durch Wind wird Lockermaterial abgetragen, das ist die äolische Erosion. Durch das Meer findet marine Erosion statt: Meeresbrandung und -Strömung sind solche Kräfte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Verwitterung nicht bloß für die natürliche Zersetzung von Gestein verwendet, sondern auch für Holz oder Metall. Das machen Geologen nicht, da sie dort weiter differenzieren (müssen): Organische Materialien verrotten und Metalle korrodieren. Verrottete Materialien und verwitterte Gesteine bilden den Boden zum größten Teil. Verwitterung findet statt durch physikalische, chemische und biogene Einflüsse, wobei die Trennung nicht immer einfach ist: Frost, Salz, Temperatur, Druck usw. sind physikalische Kräfte. Säuren, Auflösung usw. sind chemische Kräfte. Durch Wurzeln von Pflanzen werden auch Gesteine gesprengt, was ein Beispiel für physikalisch-biotische Verwitterung ist. Auch Nager, Pilze oder Ameisen können Gesteine auflösen. Chemisch-biotische Verwitterung findet man bei Flechten an Gesteinen, die Säuren absondern, die das Gestein angreifen.

Auch manche Kreise, in welchen Logik gerne thematisiert wird, haben Begriffe, die ihnen eigentümlich sind. So sind für die Menschen welche in ihrer Jugend in der Sofia-Akademie waren, oder dort ihr ganzes Leben verbringen, Argumente unter bestimmten Bedingungen (nicht) gültig oder (nicht) schlüssig – wobei andere, kleinere Schulen im vereinten Europa möglicherweise andere Begriffe nutzen. Ein Argument besteht für Sofia aus Aussagensätzen mit je einer einzigen Aussage, die wahr oder falsch sein kann. Es gibt Prämissen, die je eine solche atomare Aussage haben, und es gibt Konklusionen, also Schlüsse, die auch je aus einem atomaren Satz bestehen. Würde, unter der Annahme, die Prämissen seien wahr, aus ihnen notwendig die Konklusion folgen, so wäre das Argument gültig. Darüber hinaus wäre das Argument schlüssig, wenn die Prämissen auch noch wahr wären. „Wenn Menschlein x keine Bücher mag, und Menschleins, die keine Bücher mögen, auch nie welche kaufen, dann kauft x keine Bücher.“, wäre nun ein Argument, das gültig ist. Und schlüssig wäre es, wenn es wahr wäre, dass x keine Bücher mag, und Menschleins, die keine Bücher mögen, auch nie welche kaufen.

Die memetische Grundlage für solche Differenzierungen ist die Notwendigkeit, in diesen Kreisen mit Debatten über Logik über mehr sprachliche Werkzeuge zu verfügen. Logiker brauchen ein Vokabular für logische Operationen. So ist das in jedem Feld. Auch müssen einige Menschleins regelmäßig mit Inspektions- und Einsteigschächten arbeiten und ebenso mit Schachtabdeckungen. Sie reden nicht einfach von Gullideckeln, sondern differenzieren zwischen runden und eckigen Schachtabdeckungen, wie auch zwischen welchen mit Lüftungsöffnungen und solchen ohne. Je nach Kanal gibt es verschiedene Materialien und Zwecke, denen eine Schachtabdeckung gerecht werden muss. Bei manchen Abdeckungen sind geräuschdämpfende Einlagen wichtig; bei manchen ist es wichtig, dass der Kanal gelüftet werden kann, bei anderen dagegen ist es wichtig, dass die Abdeckung geruchsdicht ist. Die memetischen Differenzierungen der Logik, Psychologie, Physik oder Volkswirtschaftslehre unterscheiden sich im Grundsatz nicht von denen der Schachtarbeiten oder des Fußballs (oder des nunmehr klassischen FFE-Sports Jumper): Ein Mem, ein Pliri braucht ein Umfeld bzw. ist an eines angepasst.

Eins redet gerne von Dummheit, wenn mensch ein anderes Mitmenschlein herabstufen will oder intuitiv nicht positiv von einem Mitmenschlein denken kann. Wir definieren dumm abhängig von einem Gedanken oder einer Handlungsabsicht, wenn der Gedanke oder die Handlungsabsicht nicht optimal war, weil entweder die Informationen, die für einen optimalen Gedanken oder eine optimale Handlungsabsicht dem Subjekt nicht vorlagen, oder (OR) die kognitiven Fähigkeiten oder kognitiven Fertigkeiten (zusammen nun als kognitives Können bezeichnet[14]) nicht ausreichten, um vorhandene Informationen zur einem guten (optimalen) Gedanken oder einer guten Handlungsabsicht zu verarbeiten. Menschleins reden dann gerne davon, dass (als eine implizite Konsequenz daraus) das Subjekt, das entsprechende Menschlein, dumm sei. Kurzgesagt: Ein Menschlein ist in einem Kontext dumm, wenn esses Wissen oder (OR) Intelligenz nicht groß genug ist. So oder so: Es ist milieuabhängig, was dumm ist. In einem Milieu nutzt man Sprache so, in einem anderen anders. In der einen Zeit so und in einer anderen anders. Seit Jahrzehnten setzt sich beispielsweise die von einigen Menschleins als Sprachvergewaltigung bezeichnete Verwendung der lautbildenden Einheit „so ne“ oder „sone“ durch. Dies sollte als Wort anerkannt werden. Zwar kann „sone“ eine Abkürzung von „so eine“ sein und analog dazu auch „son“ / „sonen“, aber Eins muss hier auch beachten, dass hier die in der deutschen Sprache fehlenden Demonstrativartikel geschaffen werden. Während mensch bei dem bestimmten Apfel „dieser“ sagen kann und bei der bestimmten Blume „diese“ und bei dem bestimmten Pferd „dieses“ sagen kann, ist ein Menschlein bei unbestimmten Artikeln völlig auf eine 2-Wort-Lösung angewiesen: „so ein“ / „so eine“ / „so einen“. Ein einzelnes Wort, das diese Funktion hat, gibt es (noch?) nicht – jedenfalls nicht, wenn mensch „sone“ nicht anerkennen möchte.

Wir Perispasmostiker beteiligen uns in der Regel nicht bewusst aktiv an Sprachentwicklung, abgesehen von der einen, sozial und gesellschaftlich notwendigen Änderung der Sprache, der gesellschaftlichen Implikationen wegen. Was das Beispiel „sone“ betrifft, so ist unser Umfeld eines, in dem ein gewisser Sprachduktus erwartet wird und die Verwendung von Aussagen oder Wortkombinationen gleich der obigen, würden dem gehobenen Anspruch derzeit nicht gerecht werden. Wenn Eins hört, dass ein Menschlein, von dem mensch vielleicht glaubt, dass es die Schule zu früh und ohne ordentlichen Abschluss verlassen hat, davon redet, dass „so ’n Mann sie gerade angerempelt hat“ oder „so ’ne Frau da herumstand“, könnte mensch meinen, dass es nicht richtig sprechen kann. Aber das ist ein Beispiel von unbewusster Sprachentwicklung, in diesem Falle eine, an der wir nicht teilhaben wollen und eben auch nicht können. Ebenso ist aus heutiger, fortschrittlicher Perspektive der erste Schritt auf dem schwierigen Weg gegen echt-personenbezogene Nutzung von Femininum und Maskulinum deutlich zu spät getan worden.[15] Ansonsten ist Sprache bloß ein Werkzeug zum Austausch von Informationen. Eins kann sie natürlich auch künstlerisch verwenden, allerdings ist der große Sinn und Zweck der Sprache bloß die Verständigung. Diese darf mensch ruhig effizienter gestalten. Ist eine Ausdrucksform zu ineffizient, so wird sie ohnehin von alleine aussterben.

Also: In jedem Milieu, auf jedem Feld und in jedem Bereich, ob Sanitäranlage, Neurowissenschaften oder Fußball, gibt es ein eigenes Vokabular. Es gibt für jedes Mem ein notwendiges und mögliches Umfeld. Und in jedem Umfeld und in jeder Umwelt finden sich kurzzeitig mal Meme, die dort nicht überleben oder eben wenigstens auf einen großen Widerstand stoßen. So wird auch das vorliegende Buch auf Widerstand stoßen: Je mehr, umso mehr es gelesen wird.

Digital Codiertes ist gut an eine Umwelt angepasst, wenn die Umgebung Voraussetzungen für die Software oder den Code erfüllt. Software muss kompatibel mit einem Betriebssystem sein, und dieses mit der Hardware. Etwas offensichtlicher als bei anderen Formen von Informationen tritt bei Digitalem zutage, was als Abstraktionsstufen zu bezeichnen sind. Die Logik der unteren Stufen wird immer weniger konkret berücksichtigt und vereinfacht, um darauf bloß zurückzugreifen. Die Voraussetzungen, die von der Physik gegeben sind, werden mit Silizium und Transistoren aufgegriffen und logische Schaltungen basieren auf Transistoren. Einzelne logische Operationen sind immer darstellbar durch Schaltungen von Transistoren. Rechenvorgänge, wie eine einfache Addition, sind durch die Verwendung von Funktionen darstellbar – über eine gewisse Abstraktion. Man nutzt aus physikalischen, mathematischen und historischen Gründen eine binäre Logik, da die Differenzierung zwischen zwei Zuständen bei Strom sicherer ist als die Unterscheidung zwischen mehr als zwei Zuständen. An und aus ist einfacher. Außerdem gab es mit Gottfried Wilhelm Leibniz (17./18. Jhd AZ) und George Boole (19. Jhd. AZ) schon mathematische Ausarbeiten zur zweiwertigen Logik bzw. zum binären Zahlensystem. Aus Transistoren kann Eins leicht Negationen (NOT), Disjunktionen (logisches (nicht ausschließendes) Oder, OR) und Konjunktionen bauen. Aus ihnen kann mensch weitere Funktionen bauen, unter anderem ein exklusives Oder (XOR), aus welchem mensch schon einfache Verschlüsslungen oder eingeschränkt Additionen konstruieren kann. Programmierer, welche sich Problemen von Anwendern widmen, brauchen in ihrem Alltag solche Operationen weniger. Sie brauchen auch die Maschinensprache weniger. Sie arbeiten auf einem anderen Abstraktionsniveau, das alles unter ihnen allerdings voraussetzt – oder eben eine andere Plattform, jedoch auch mit einem Unterbau. Dafür gibt es Compiler, also so etwas wie Übersetzer. So oder so: Es braucht eine Umgebung. Pliri haben Voraussetzungen – so auch digitale Pliri.

Auch biologisch codierte Informationen haben Voraussetzungen. Sie brauchen auch eine Umwelt, oder Umgebung, in der sie funktionieren können. Es gibt die menschlichen Tiere, die bei 55 Grad Celsius weniger lebendig erscheinen als bei 20 Grad. Es gibt halophile Bakterien, denen es in einer salzigen Umgebung besser ergeht. Im Norden Europas, in der Umgebung Vikjakreys, gibt es thermophile Bakterien, die die heißen Biotope lieben und brauchen. Auch gab es Erdenbewohner, denen es nur mit der heutzutage in Europa kaum noch gesprochenen Sprache Französisch gut erging, besonders wenn es ihre einzige Sprache war; diese Leute waren frankophil. Jedes Etwas braucht eine geeignete Umgebung.

Um noch eine Analogie zwischen Digitalem und Memetischem zu nennen: Wenn das Zitat „Nicht den Zeitgenossen, nicht den Landesgenossen, – der Menschheit übergebe ich mein nunmehr vollendetes Werk […]“ mit der Angabe „(WI, 14)“ versehen wird, so erfolgt dabei implizit der Verweis auf eine Art Bibliothek, in diesem Fall sind es Zitierhinweise in Bezug auf eine Gesamtausgabe von Schopenhauers Werken letzter Hand. An Stelle des kurzen Verweises „(WI, 14)“ könnte ebenso eine lange, vollständige Literaturangabe stehen. Ebenso ist es in der Informatik, in vielen Bereichen von ihr, üblich, eine Umgebung, Konventionen oder Bibliotheken vorauszusetzen. Beim Programmieren muss beispielsweise nicht jedes Mal ein Fenster für eine Benutzeroberfläche von Grund auf geschrieben werden, auch kann mensch bei der Verwendung üblicher Sprachen auf Schleifen oder IF-Anweisungen zurückgreifen ohne sich um einzelne Bits sorgen zu müssen. Diese Arbeiten sind schon getan und werden nicht jedes Mal wiederholt. Ebenso ist es auf einer anderen Abstraktionsebene: Computertechnik, ebenso Software basiert letztlich auf grundlegender Physik, auch auf der Kunde von Materialien und der Eigenschaften. Darauf aufbauend konnte man Transistoren entwickeln, mit denen man kleinste logische Operationen durch richtige Verschaltung abbilden konnte. In elektronischen Bauteilen findet Eins viele Transistoren integriert, die man auf Plänen nicht mehr in der Detailtiefe aufzeichnet, da eine Substitution sinnvoller ist. Bei einem Bauplan für ein Haus muss auch nicht definiert werden, was Steine sind – mensch wählt Baumaterialien aus und muss in der Regel nicht auf die atomare Ebene gehen. Der Kontext bestimmt die Detailtiefe.[16]

Weiter mit Pliroplexen: Das Thema Pliroplex ist noch zu erweitern um eine fundamentale Sicht. Wir reden von monodimensionalen, bidimensionalen und multidimensionalen Pliroplexen. In einem Diagramm mit zwei Achsen wäre Folgendes darzustellen: Auf einer y-Achse wären unterschiedlichen Typen von Pliri aufzutragen. Sie sei nominalskaliert, es gibt auf ihr nicht einmal die Möglichkeit, Dinge nach einer Wertigkeit zu ordnen. Auf ihr finden sich die Klassen der Bits, Meme, Gene und der Materie, also vielleicht Atome oder Elementarteilchen – alles sind Pliri. Auf einer x-Achse wäre der Raum zu finden und auf der z-Achse, die im Modell aus praktischen Gründen vom Raum getrennte Zeit. Ein Pliroplex ist nun eine Kombination von Pliri. Horizontale Pliroplexe sind solche, die mehrere Raumpunkte abdecken und schließen somit alles Materielle ein, was wir kennen. Vertikale Pliroplexe sind solche, die verschiedene Klassen von Pliri vereinigen, wobei hier zu sagen ist, dass diese nicht notwendigerweise zusammengehören, sondern eventuell nur in einer Idee (Mem) von uns Menschen zusammengefügt werden.

Einige Beispiele dazu: Ein Photon mag in irgendeiner Form zwischen den Schichten einer möglichen atomaren Schicht und einer angenommenen, der Strings liegen. Im Raum könnte man ihm einen Punkt zuweisen oder mehrere – das ist ein anderes Thema. In der Zeit geben wir ihm mehrere Punkte, wobei auch hier die Möglichkeit besteht, zu diskutieren. Jedenfalls belegt ein Photon hier in der Raumzeit einige Punkte. Doch bleibt noch die y-Achse. In wie vielen Schichten ist ein Photon unterwegs? Wenn man nicht gerade über ein Bestimmtes spricht oder es im Sinn hat, so existiert ein Einzelnes einsam und alleine in der Welt dieser Materieklasse. Das Gleiche gilt für ein Graviton. Auch ein Atom könnte man so betrachten, wobei man, wenn man untergliedert in Schichten, hier, wie auch bei Photonen, usw., noch die (theoretische) Aufteilung in Elementarteilchen, Quarks und Strings erwähnen könnte.

Ein Staat beispielsweise ist eine Idee, die eine ganze Menge Ideen umfasst und den es in vielen verschiedenen Varianten gibt und von deren viele einander nicht fundamental widersprechen. Doch diese Memplex-Vielfalt findet sich natürlich auch in Büchern und Köpfen. Es gibt unglaublich viele Pliri, die einen Staat abbilden bzw. das Wesen eines Staates tragen bzw. dazu beitragen. Ein Staatswesen besteht aus Menschen, die aus Materie bestehen und die Informationen über Ideen über einen Staat haben, aus Büchern, die zwar aus Atomen bestehen, aber memetisch übertragbare Meme bilden, und aus vielen anderen Systemen von Informationen.

Ein Mensch besteht aus der Materie und aus Memen, zwei Menschen ebenso. Eine Ehe bestand altzeitlich aus einer Frau und einem Mann, einem Vertrag und einer (romantischen) Idee. Sie nimmt übrigens natürlich räumlich, wie auch zeitlich, Platz ein – als ein horizontales und vertikales, also auch multidimensionales Pliroplex.

Die Uhr ist ein System verarbeiteter Materie, die nach einem Bauplan (memetisch auf organischer Materie (Hirn) und anorganischer Materie (z.B. Festplatte und Papier)) erschaffen wurde. Sie nimmt in Raum und Zeit Platz ein und existiert in allen möglichen Pliro-Klassen: verschiedene Materie-Schichten, Meme, Bits usw. Und alle diesen Klassen von Pliri unterliegen der Entropie, wie auch alle Klassen von Pliroplexen, wie eben auch Menschen (Bertolt Brecht: „Dass Du Dich wehren musst, wenn Du nicht untergehen willst, wirst Du doch einsehen.“[17]). Doch davon soll nun endlich auf den gleich folgenden Seiten die Rede sein.

Schlussendlich die Frage: Warum von Pliri reden? Mensch fragt sich mit Recht: Was ist jedoch die Codierung der Welt? Physisch, sicherlich. Darauf lässt sich scheinbar alles reduzieren. Dieses Mem ist verführerisch, doch auch voraussetzungsreich. Wenn mensch es nicht weiß, so darf man nur von einer Entität reden, und daher wird von Pliri gesprochen. Von Metaphysischem wird noch die Rede sein (B-Teil), doch sei kurz darauf verwiesen, dass seit jeher Menschleins darüber nachgedacht haben, woraus die Welt besteht. In jüngerer Altzeit widmete die Menschheit viele kulturindustrielle Produkte der Idee, Menschen lebten in einer Matrix, in welcher alles digital codiert sei. Alle denkbaren Pliri seien demnach Bits und Bytes. In einer populären Version[18] dieses Memplexes konnte mensch die Matrix verlassen und in einer Welt mit anderen Menschen leben, welche materiell codiert war – und nach Gutdünken in die Matrix zurückkehren.[19] Eines könnte sich vieles mehr vorstellen an grundsätzlichsten Arten von Codierungen, auf der die gesamte Welt aufbaut. Am populärsten ist derzeit freilich die Idee, das Mem also, dass alles materiell ist. Aber ebenso könnte mensch denken, alles sei in Wirklichkeit eine Chimäre, ein Hirngespinst eines einzelnen denkenden Individuums, und es gäbe keine Materie, und damit auch keine Raumzeit, also nichts in unseren Begriffen von Energie/Materie und Raum/Zeit. Doch darum soll es vorerst nicht weitergehen. All dies ist voraussetzungsreicher als der Begriff Entität, voraussetzungsreicher als die dargelegte Welt aus Pliri und Pliroplexen.


  1. [1] Vgl. Duden Informatik 2003, 325.
  2. [2] Wie auch im Sinne dieses Paradigmas eines Energieteilchens, trotz zu erwartender Proteste aus entsprechenden Wissenschaftsfeldern. Im nachfolgenden Kapital werden diese Proteste zunehmen.
  3. [3] Falls es sich einmal um ein ausschließendes Oder handeln sollte, so ist davon auszugehen, dass die Aufmerksamkeit des Autors vorhanden war und es gekennzeichnet ist.
  4. [4] CAD = Computer Aided Design. Beispielsweise das dreidimensionale Konstruieren eines Produktes am Computer.
  5. [5] Ontologische Fragen sollen in diesem Kapitel keine Rolle spielen. Auf die sonst gewünschte und angestrebte Präzision in der Argumentation und der Sprache wird aus Gründen der Lesbarkeit verzichtet.
  6. [6] Die Zeit, in der viral verursachte Infektionskrankheiten sich verbreiteten und Millionen von Menschen davon abhielten, ein produktives Mitglied der Gesellschaft zu sein. Wie im altzeitlichen Mittelalter zuvor, wurden Menschen an ihre Betten gefesselt – sprichwörtlich, nicht buchstäblich.
  7. [7] Unzählige weitere Begriffe ließen sich hier aufführen. Die hier vorgenommene Aufzählung ist mehr oder minder beliebig - tatsächlich.
  8. [8] Beispiel von: Buchholz 2016, 8 ff.
  9. [9] Hier darf der Laie immer „durch“ anstelle des „pro“ denken. So handelt es sich bei x PROzenten immer um x durch 100 (lat. Centum = Hundert).
  10. [10] Hoffentlich nicht nur bei aufmerksamen Lehranstaltenbesuchenden bekannt als das Ende der Ata-Jahre.
  11. [11] Vgl. die altzeitliche Rechtsquelle §854 I BGB.
  12. [12] Das Autores war Zeuge eines Lehrkörpers mit entsprecher Erzählung.
  13. [13] Der Wille zum Sprachwandel ist auch bei dieses Autores da; das Einsehen fand statt, dennoch ist für altzeitlich aufgewachsene Menschleins, auch für sich bescheiden als vermeintlich fortschrittlich bezeichnende Geschöpfe nicht unendlich einfach.
  14. [14] Im (Unter-)Volksmund nimmt Eines hierfür gerne den (sehr) schwierigen Begriff Intelligenz.
  15. [15] Es besteht die Hoffnung dass der Sprachwandel in den breiten Bevölkerungsschichten ankommt und baldig angenommen wird.
  16. [16] Ergänzend noch zwei weitere Beispiele: Wirtschaftswissenschaftler unterscheiden u.a. noch Bedarf und Bedürfnis (uvm.), und Jogger unterscheiden laufen und gehen mehr als Nicht-Läufer. Wenn bei gewissen Tätigkeiten mehr Differenzierungen nötig sind, braucht es mehr und präzisere Wörter.
  17. [17] Die Zeit, 17. Februar 1984.
  18. [18] Film: Matrix 1999.
  19. [19] Meiner Ansicht nach ist in diesem Film niemals ein Mensch außerhalb einer digital codierten Welt gewesen. Es gab vielmehr eine Matrix in einer Matrix. So wäre es u.a. erklärbar, wieso der Eine (One), also Neo, supernatürliche Fähigkeiten außerhalb der Matrix gehabt hatte.