Glück muss genutzt werden

Die Eigenschaften von Niccolò Machiavellis unzuverlässiger Fortuna treffen nicht nur auf ebendiesen glücklichen Umstand zu, sondern in der Regel auch auf das Gefühl des Glücklichseins. Daher wohl auch die sprachliche Identität.

Wer Glück im letzteren Sinne anstrebt, muss und musste zu jeder Zeit entweder Bedürfnisse befriedigen oder Abkürzungen, die hier nicht thematisiert werden sollen, finden. Der Hungernde (oder heute in westlichen Ländern mehr verbreitet: der Appetit habende) muss essen. Der Wolllüstige sucht dieses Bedürfnis zu befriedigen – alleine oder mit mindestens einem weiteren Lebewesen. Der Einsame (alleine seiend ist weder hinreichend dazu noch notwendig dafür) sucht soziale (vielleicht auch, aber nicht notwendig physische) Nähe. Und so fort ...

Die Folge ist in der Regel ein Glücksgefühl. Während der Befriedigung ist Genuss spürbar und danach geht es bereits wieder abwärts, wobei dann das neue Niveau über dem Vorbefriedigungsniveau liegt – wenn man mit dem Glück richtig umgeht.

Wer glücklich ist hat die Wahl zwischen drei Optionen: Man kann nach mehr streben, man kann das Glück genießen oder es investieren. Die erste Variante führt ins Unglück, die zweite darf als neutral gelten und die dritte erhöht die Wahrscheinlichkeit, künftig wieder glücklich zu sein.

Wer versucht, sein Glück zu mehren, der ist offenkundig noch immer unerfüllt in seinen Bedürfnissen. Er spürt den Genuss nicht bewusst und hört auf sein unersättliches Bedürfnis und sucht jenen weiter. Das zweite Stück Schokolade oder das dritte mag dies bereits illustrieren. Der Grenznutzen von Schokoladenstückchen ist abnehmend: Jedes Stück befriedigt den Appetit weniger als das vorige. Um Hunger geht es hier nicht, aber auch gängige Sättigungsbeilagen haben einen abnehmenden Grenznutzen. Bewusster Genuss macht Glück erst möglich.

Ist das Glück erreicht, gibt es also bloß zwei Optionen: Genuss oder Investition. Für das Investieren spricht, dass man dabei eine bessere Grundlage für künftiges Glück baut. Wer glücklich ist und in diesem Zustand ungleich einfacher eine Bereicherung für andere Menschen ist oder mit weniger Hemmungen die Sportschuhe schnürt, baut etwas auf, wovon er in notwendig folgenden schlechten Zeiten zerren kann: bessere Gesundheit, menschliche Kontakte (soziales Kapital), usw., da menschliche Beziehungen glücklich machen (Holder 2009), und auch Sport glücklich macht (Zhang 2019). Andere mögliche Investitionen sind: Bildung, wobei der Effekt auf Glück fraglich scheint (Hartog 1998). Viele Alternativen sind denkbar: Wohnung aufräumen/putzen, Ehrenamt, Wikipedia-Artikel schreiben, ...

Glück ist, wie Jordan Peterson meint, ein Nebenprodukt, und es sollte nicht angestrebt werden. Man sollte hinzufügen, dass ein guter Umgang mit dem Glück notwendig ist, da es sonst wertlos oder ungenutzt bleibt.

Quellen

Holder, M.D., Coleman, B. The Contribution of Social Relationships to Children’s Happiness. J Happiness Stud 10, 329–349 (2009). https://doi.org/10.1007/s10902-007-9083-0.

Zhang, Z., Chen, W. A Systematic Review of the Relationship Between Physical Activity and Happiness. J Happiness Stud 20, 1305–1322 (2019). https://doi.org/10.1007/s10902-018-9976-0.

Joop Hartog, Hessel Oosterbeek, Health, wealth and happiness: why pursue a higher education?, Economics of Education Review, Volume 17, Issue 3, 1998, Pages 245-256, ISSN 0272-7757, https://doi.org/10.1016/S0272-7757(97)00064-2.


Die Quellen dienen lediglich dem Anschein von Wissenschaftlichkeit, dessen Anspruch dieser Essay nicht einmal gerechtwerden will. Es handelt sich um scheinbare Belege einer aus Erfahrung gewonnenen Ansicht, die auf den Autor logisch und nützlich wirkt.