Das wichtigste Grundrecht einer Verfassung

Das wichtigste Grundrecht einer Verfassung, das auch explizit als erster Artikel in einer solchen zu stehen hat, ist das Recht auf Auswanderung. Implizit mag es in jeder x-beliebigen Verfassung unter der Bewegungsfreiheit verstanden werden. Aber das reicht nicht.

Gemeinschaften und Mitglieder

Die Verfassung ist der grundlegendste Bestandteil des Regelwerks einer Gemeinschaft. Angenommen, es gibt viele Gemeinschaften mit Mitgliedern, die jeweils nur einer davon angehören. Was ist ein akzeptabler Grund dafür, dass nicht alle Gemeinschaften zu einer verschmelzen? Die Gemeinschaften unterscheiden sich in einer Art und Weise, die sich in ihrem Zusammenleben und daher auch in den Konventionen und niedergeschriebenen Regeln widerspiegeln.

Der Annahme, dass die Unterschiede zwischen Mitgliedern zwischen den Gemeinschaften größer ist sind als die Unterschiede zwischen Mitgliedern innerhalb der Gemeinschaften, widerspricht die Empirie (Lewis R. Goldberg, et al. 1998) Und die Annahme, dass alle Mitglieder einer Gruppe gleich sind, ist nicht nur realitätsfern, sondern würde man auch, ohne, dass es argumentativ eine Bereicherung wäre, als rassistisch/sexistisch/... bezeichnen. Also gibt es Mitglieder von Gemeinschaften, die zu einer anderen Gemeinschaft besser passen. Mitunter kann das Regelwerk der eigenen Gemeinschaft sehr unangenehm für dieses Mitglied sein. Welche Grundrechte und welchen Minderheitenschutz die Gemeinschaft auch immer gewährt: Das Recht auf Verlassen der Gemeinschaft ist das wichtigste Recht.

Staatenlosigkeit

Natürlich folgt aus dem Auswanderungsrecht einer Gemeinschaft nicht notwendig, dass es andere Gemeinschaften gibt, die Asyl gewähren oder zur Aufnahme bereit sind. Falls das ausgewanderte und nun temporär gemeinschaftslose Subjekt gut zu einer anderen Gruppe passt, wäre es kaum sinnvoll, es nicht aufzunehmen. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass alle gemeinschaftslosen Menschen aufgenommen werden. Es ist ein Überschuss an gemeinschaftslosen Menschen denkbar.

Nicht nur können Mitglieder eine Gemeinschaft verlassen, sondern Gemeinschaften müssen auch das Recht haben, Mitglieder auszuschließen, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Das kann in der Form von Gefängnissen geschehen, wo Menschen noch Teil der Gemeinschaft sind, aber drastisch eingeschränkt werden, oder aber im völligen Ausschluss mittels einer Ausweisung. Es muss gelten, dass die Gemeinschaft ihre Regeln durchsetzen und Mitglieder ausschließen darf. Und es muss gelten, dass Mitglieder anstelle einer Strafe innerhalb der Gemeinschaft die Auswanderung wählen dürfen.

Da von Gemeinschaften nicht erwartet werden kann, Mitglieder aufzunehmen, die sie nicht haben wollen, muss es ein Territorium geben, dass keiner Gemeinschaft zugeordnet ist. Die Menschen, die dort leben, bilden eine Gruppe von Menschen, aber keine Gemeinschaft. Gemeinschaftslose Menschen könnte es sonst nicht geben und jeder wäre Zwangsmitglied einer Gesellschaft zu deren Bedingungen. Es muss also gemeinschaftsfreie Räume geben und diese müssen einen gewissen Standard an Ressourcen aufweisen.

Wohngemeinschaft als kleinste Gemeinschaft

Falls es keine gemeinschaftsfreien Räume gibt, in denen gemeinschaftslose Menschen leben können, gibt es entweder eine Überbevölkerung oder die Territorien der Gemeinschaften sind größer als notwendig. Daraus entsteht dann die Notwendigkeit, dass solche Gemeinschaften ihre großen Territorien beschneiden oder Menschen zu geringeren Standards aufnehmen. 

Gehen wir von einer Wohngemeinschaft aus, die einen Bauernhof bewohnt und davon leben kann, aber das nicht im Überfluss. Wer sich dort einquartieren will, muss sich selbstverständlich den WG-Regeln beugen. Diese dürfen nicht soweit gehen, dass der Gast keine Wahl mehr hat. Egal wie absurd die Regeln sein mögen, eine von den Regeln muss sein, dass der Gast wieder gehen darf. Geht er nicht und ist er willkommen, so ist es alles in Ordnung. Wenn er gehen will oder muss, kann er außerhalb des Bauernhof-Grundstückes vom Land leben, und auch das ist in Ordnung. Wenn das Grundstück der Bauernhof-WG nun bis an die Grenzen des fruchtbaren Lands ausgeweitet wird, und die Bewohner im Überfluss leben, müssten sie entweder Land abgeben oder zu menschenwürdigen Bedingungen Menschen aufnehmen, ohne dass unverhältnismäßige Regeln gelten dürfen.

Zusammenfassung (und Anwendung?)

Die Rechte von Mitgliedern und die Rechte einer Gemeinschaft lassen sich mit einer Wohngemeinschaft am besten veranschaulichen. Die WG muss niemanden reinlassen und kein Mitglied oder Gast muss in der Gemeinschaft bleiben. Es gilt dieses negative Freiheitsrecht für Gemeinschaft und Mitglied/Gast. Diesem Recht nachgeordnet darf sich eine Gemeinschaft völlig frei Regeln setzen, und außerhalb von Gemeinschaften darf sich ein Mensch das Leben völlig frei gestalten.

Schwierig ist die Gemeinschaftslosigkeit, wenn es kein ernährendes Land gibt, auf das keine Gemeinschaft Anspruch erhebt. Das ist darüber zu lösen, dass Gemeinschaften nicht unverhältnismäßig viel Land beanspruchen dürfen. Sofern sie darüber hinaus gehen, müssen ihre Rechte in Bezug auf Mitgliederselektion beschnitten werden.

Weiterhin schwierig ist der Begriff der Gemeinschaft. Ist eine Stadt eine Gemeinschaft? Eine Nation? Oder gar ein Staatenbund?

Literatur

Lewis R. Goldberg, Dennis Sweeney, Peter F. Merenda, John Edward Hughes, Demographic variables and personality: the effects of gender, age, education, and ethnic/racial status on self-descriptions of personality attributes, Personality and Individual Differences, Volume 24, Issue 3, 1998, Pages 393-403, ISSN 0191-8869, https://doi.org/10.1016/S0191-8869(97)00110-4.